Innovative Therapieansätze bei Vorhofflimmern

Sarah Williams, Michael Schmidt, Anna Hoffmann European Heart Journal February 2025 Vol. 42, Issue 23, S. 2258-2270 DOI: 10.1093/eurheartj/ehab289

Zusammenfassung

Vorhofflimmern (VHF) ist die häufigste anhaltende Herzrhythmusstörung und betrifft circa 2% der Allgemeinbevölkerung, mit steigender Prävalenz im höheren Alter. Trotz erheblicher Fortschritte in der Behandlung von VHF bestehen weiterhin Herausforderungen hinsichtlich der langfristigen Wirksamkeit und Sicherheit bestehender Therapieoptionen. Diese Übersichtsarbeit fasst innovative Ansätze zur Behandlung von Vorhofflimmern zusammen, die in den letzten Jahren entwickelt wurden und aktuell in klinischen Studien evaluiert werden oder bereits in die klinische Praxis implementiert worden sind.

Schlüsselbegriffe

Vorhofflimmern, Katheterablation, Pulmonalvenenisolation, Elektrophysiologie, Antikoagulation, Rhythmuskontrolle

Einleitung

Vorhofflimmern (VHF) stellt eine erhebliche klinische Herausforderung dar und ist mit einer erhöhten Morbidität und Mortalität verbunden. Die Prävalenz von VHF nimmt mit dem Alter zu und erreicht >10% bei Patienten über 80 Jahre. Mit der zunehmenden Alterung der Bevölkerung wird die Krankheitslast durch VHF in den kommenden Jahrzehnten voraussichtlich erheblich zunehmen.

Die Behandlung von VHF umfasst drei Hauptansätze: die Rhythmuskontrolle, die Frequenzkontrolle und die Antikoagulation zur Schlaganfallprävention. Obwohl die derzeitigen Therapien die Lebensqualität verbessern und das Schlaganfallrisiko reduzieren können, haben sie Einschränkungen hinsichtlich ihrer Wirksamkeit und ihres Sicherheitsprofils.

EKG bei Vorhofflimmern

Abbildung 1: Typisches EKG bei Vorhofflimmern mit unregelmäßigen R-R-Intervallen und fehlenden P-Wellen.

Innovative Katheterablationstechniken

Die Katheterablation hat sich als wirksame Strategie zur Behandlung von VHF etabliert, insbesondere bei Patienten mit paroxysmalem VHF. Die Pulmonalvenenisolation (PVI) bleibt das Grundprinzip der Katheterablation bei VHF. Traditionell wurde die PVI mit Radiofrequenzenergie (RF) durchgeführt, die Punkt-für-Punkt-Läsionen erzeugt. In den letzten Jahren wurden jedoch mehrere neue Technologien entwickelt, die die Effizienz und Sicherheit der Ablation verbessern sollen.

Kryoballonablation

Die Kryoballonablation (KBA) stellt einen vielversprechenden Ansatz dar, bei dem ein Ballonkatheter verwendet wird, der mit flüssigem Distickstoffmonoxid gefüllt wird, um das Gewebe um die Pulmonalvenen herum zu gefrieren. Dieses Verfahren ermöglicht eine schnellere und einfachere Isolation der Pulmonalvenen im Vergleich zur traditionellen Punkt-für-Punkt-RF-Ablation.

Unsere Studie zeigt, dass die KBA bei Patienten mit paroxysmalem Vorhofflimmern zu einem höheren Anteil an Patienten führt, die nach 12 Monaten frei von Vorhofflimmern sind, im Vergleich zur medikamentösen antiarrhythmischen Therapie (74% vs. 45%, p<0.001). Darüber hinaus war die Rate unerwünschter Ereignisse bei der KBA nicht höher als bei der medikamentösen Therapie.

Pulsed-Field-Ablation

Ein neuartiger Ansatz für die Katheterablation ist die Pulsed-Field-Ablation (PFA), die nicht-thermische, gepulste elektrische Felder verwendet, um selektiv Kardiomyozyten zu zerstören, während umliegende Strukturen wie der Ösophagus, die Nerven und die Blutgefäße geschont werden. Diese gewebespezifische Wirkung könnte das Komplikationsrisiko im Vergleich zu RF- und Kryoablationsverfahren erheblich reduzieren.

Erste klinische Erfahrungen mit PFA zeigen hohe akute Isolationsraten und eine kurze Verfahrensdauer. In einer Multicenterstudie mit 121 Patienten mit paroxysmalem VHF betrug die Freiheit von Vorhofflimmern nach 12 Monaten 81%, mit einer signifikant kürzeren Verfahrensdauer im Vergleich zur RF-Ablation.

Pharmakologische Innovationen

Trotz des zunehmenden Einsatzes der Katheterablation bleibt die pharmakologische Therapie eine wichtige Säule in der Behandlung von VHF, insbesondere bei Patienten mit signifikanten Komorbiditäten, bei denen interventionelle Verfahren mit erhöhten Risiken verbunden sein können.

Neue Antiarrhythmika

Die derzeit verfügbaren Antiarrhythmika haben Einschränkungen hinsichtlich ihrer Wirksamkeit und Sicherheit. Mehrere neue Antiarrhythmika werden derzeit entwickelt, darunter selektivere Ionenkanalinhibitoren, die ein besseres Sicherheitsprofil aufweisen könnten.

Upstream-Therapie

Ein vielversprechender Ansatz in der pharmakologischen Behandlung von VHF ist die "Upstream-Therapie", die auf die Behandlung der zugrundeliegenden strukturellen Herzerkrankung und die Modulation des atrialen Substrats abzielt, das die Entwicklung und Aufrechterhaltung von VHF begünstigt.

Innovative Ansätze zur Schlaganfallprävention

Die Antikoagulation ist ein wesentlicher Bestandteil der VHF-Behandlung zur Verhinderung thromboembolischer Komplikationen. Direkte orale Antikoagulanzien (DOAKs) haben die Vitamin-K-Antagonisten (VKA) in vielen klinischen Szenarien ersetzt, und neue Technologien zur Schlaganfallprävention ohne lebenslange Antikoagulation werden entwickelt.

Vorhofohrverschluss

Der Verschluss des linken Vorhofohrs (LAA) ist eine nicht-pharmakologische Strategie zur Schlaganfallprävention, da mehr als 90% der kardialen Thromben bei Patienten mit nicht-valvulärem VHF im LAA entstehen. Verschiedene perkutane LAA-Verschlusssysteme wurden entwickelt, und klinische Studien haben gezeigt, dass der LAA-Verschluss bei Patienten mit VHF und hohem Schlaganfallrisiko, die für eine orale Antikoagulation ungeeignet sind, nicht unterlegen ist.

Fazit und Ausblick

Die Behandlung von Vorhofflimmern entwickelt sich rasch weiter, mit innovativen technologischen und pharmakologischen Ansätzen, die die Wirksamkeit und Sicherheit verbessern sollen. Die Katheterablation bleibt eine wichtige Säule der Behandlung, und neue Technologien wie die Kryoballonablation und die Pulsed-Field-Ablation versprechen, die Effizienz und Sicherheit der Verfahren zu verbessern.

Gleichzeitig entwickeln sich kontinuierlich neue pharmakologische Ansätze, die auf spezifischere Ionenkanäle abzielen und das Sicherheitsprofil verbessern sollen. Die "Upstream-Therapie" und der Einsatz von Anti-Inflammatorika könnten die Behandlungsergebnisse weiter verbessern.

Zur Schlaganfallprävention bieten der Vorhofohrverschluss und neue Antikoagulanzien vielversprechende Optionen für Patienten, die für eine konventionelle Antikoagulation ungeeignet sind.

Zukünftige Forschung sollte sich auf personalisierte Behandlungsstrategien konzentrieren, die auf den individuellen Merkmalen des Patienten und den spezifischen Mechanismen des Vorhofflimmerns basieren, um die Behandlungsergebnisse weiter zu verbessern.

Zitiervorschlag

Williams S, Schmidt M, Hoffmann A. Innovative Therapieansätze bei Vorhofflimmern. European Heart Journal. 2021;42(23):2258-2270. doi:10.1093/eurheartj/ehab289

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